"Kommando Perle" von Rolf Bergmeier

In den Schriften zu Rolf Bergmeier findet man häufig den Hinweis auf eine Performance mit dem Titel "Kommando Perle" aus 1983/84. In der Sammlung befindet sich dazu eine gleichnamige Arbeit, die als "Dokumentation" verstanden werden kann.  

 
Kommando Perle, 1984 (#...)
55 Fotokopien DIN A4, signiert
 

Rein äußerlich gehört der 27jährige Bergmeier damals zur Punk-Szene, die ihre ursprüngliche Kritik längst gegen Mode eingetauscht hat. 

 
 

Ausgangspunkt für das Kommando Perle ist die Empörung über ein zu mildes Gerichtsurteil ("keine Tötungsabsicht") gegen Polizisten, die einen anonymen Obdachlosen im Gewahrsam töten, indem sie ihn mit seinen Fäkalien ersticken. Für Bergmeier ein Beweis für einen "latenten Faschismus im Bereich der deutschen Staatsgewalt".

Inspiriert durch den Fund einer Perle am Strand, "geformt wie das Erdmagnetfeld" (durchbohrt für Schmuck?) "übernimmt er das Kommando".

Vor dem Hintergrund eigener Gewalterfahrung ("von Polizisten zusammengeschlagen [...] zwangsweise Blutentnahme") und Kränkung ("im Polizeigewahrsam mit einen Nichtmenschen auf eine Stufe gestellt"), entwickelt er eine Reihe von Performances.

Im Mittelpunkt stehen 12 Hohlkörper aus Beton mit einem Durchmesser von 0,5m, gefüllt mit Tierkadavern, Fäkalien und Erbrochenem.  

 
 

Je drei dieser Perlen werden vor eine Polizeiwache, ein Amtsgericht, ein Oberlandesgericht und eine JVA geworfen und zerbrechen. Auf dem beiliegenden Hinweis heißt es: "aus tiefer Betroffenheit heraus ist diese Kunst entstanden [...] Dies Stück Nichtunterwerfungskunst wird vom Kommando Perle unaufgefordert abgeholt. Fremdaneignung / Beschädigung ist widerrechtlich und wird zur Anzeige gebracht."

In dem Hinweis auf Heilung im später hinzugefügten Untertitel "Eine heilerische Bearbeitung des latenten Faschismus im Bereich der deutschen Staatsgewalt" bezieht sich der Künstler auch selbst ein: "Ich habe also das Glück, dass Kunst und Zufall mit mir befreundet sind [...] so musste ich nicht [...] dauernd wie ein eingeschlagener Feuermelder durch die Gegend laufen."
 

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